Der Ausbildung an der Schule für Logopädie in Kiel liegt natürlich die Ausbildungs- und Prüfungsordnung (LogAPrO) zu Grunde, die 1980 im Berufsgesetzt verankert wurde. Darin sind mehr als 1700 Theoriestunden vorgesehen, in denen eine Vielzahl neuer Begriffe vermittelt werden. Wie jede spezialisierte Profession kommt auch die Logopädie nicht ohne charakteristisches Fachvokabular aus, dass sich dem (Noch-)Laien nicht unmittelbar erschließt. Deshalb werden an dieser Stelle in unregelmäßigen Abständen Begriffe aus der Welt der Logopädie erklärt. Dabei sind Auswahl und Reihenfolge der erklärten Wörter zufällig und unzusammenhängend.

Zu Beginn soll es um die „Perseveration“ gehen, was frei mit „Hängenbleiben“ übersetzt werden könnte. Damit ist jedoch nicht die umgangssprachliche Bedeutung gemeint, denn nicht jedes Hängenbleiben ist auch eine Perseveration. Man kann z.B. in der Kneipe oder beim Besuch eines Freundes „hängenbleiben“, weil man sich so angeregt unterhält und die Zeit vergisst; oder man bleibt mit der schönen Hose an einer scharfkantigen Ecke hängen; oder man beschließt aufgrund des noch nicht vollständigen Durchtrocknungsprozesses, dass die Wäsche noch hängenbleinben soll; oder der Ausstellungskurator entscheidet sich, dass das Bild hängenbleibt, obwohl es nicht optimal zur aktuellen Hängung passt. In diesen alltäglichen Kontexten handelt es sich – mehr oder weniger – um aktiv gesteuerte, bewußte Entscheidungen, dass man hängen bleibt oder etwas hängenbleibt (gilt vielleicht auch für die Hose, die man vielleicht doch gar nicht so gut fand!?).

Näher kommt man der Bedeutung der Perseveration schon, wenn man an das allseits bekannte Phänomen denkt, dass man eine bestimmte Melodie nicht mehr aus dem Kopf verliert. So wie bei einem Ohrwurm wird man durch die Perseveration in das Hängenbleiben getrieben. Andererseits unterscheiden sich Ohrwurm und Perseveration auch wieder, da letztere nicht immer von den Betroffenen wahrgenommen werden.

In der Logopädie treten Perseverationen v.a. bei Menschen auf, die nach einem Schlaganfall eine Sprachstörung davon getragen haben. Es kann z.B. in einer Testsituation oder einer Übung zum Benennen von Bildern vorkommen, dass der Patient ein Bild benannt hat und bei einem der nachfolgenden Bilder wieder einen Begriff abruft, den er vorher schon verwendet hatte. Es scheint so zu sein, als ob das Wort noch in einem Speicher während der Sprachverarbeitung haften geblieben sei. Aufgabe der Therapeutin ist es dann, den Betroffenen mit Hilfestellungen darin zu unterstützen, dass er den Klebstoff lösen kann und so einen Notausgang aus dieser ungewollten Wiederholungsschleife findet.

Der Begriff „Perseveration“ wird nicht nur in der Logopädie verwendet, sondern dient allgemein in den Fachgebieten Neurologie, Psychiatrie und (Neuro-)Psychologie, um ein Verhaftet-sein zu bezeichnen, was sich in diesen Kontexten auch auf das ungewollte Verharren bei Handlungen, Gedanken und Gefühlen bezieht.

Veröffentlicht von Norbert Frantzen

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