kreativer Umgang mit Sprachproblemen

Immer wieder kommt man an Grabbelkisten vorbei in denen sogenannte Restposten oder Mängelexemplare darauf warten, einen neugierigen Interessenten doch noch einmal animieren zu können, sie in die Hand zu nehmen und in ihnen zu blättern und vielleicht sogar zu lesen.

Als mein Blick in einer solchen Sammlung auf ein verschlissenes Taschenbuchexemplar von David Sedaris mit dem Titel „Ich ein Tag sprechen hübsch“ fiel, konnte ich als Logopäde natürlich nicht nicht zugreifen. In dem Roman setzt sich der amerikanische Autor mit seiner Kindheit in Amerika auseinander und gleich im ersten Kapitel erzählt er sehr amüsant seine Erfahrungen bei der logopädischen Therapie, die nötig wird, da er lispelt.  Die Übungen, die mit ihm gemacht werden entsprechen nicht mehr den modernen Behandlungsmethoden bei kindlichen Aussprachestörungen, da überwiegend artikulatorisch mit ihm gearbeitet wird und phonologische Prozesse noch keine Rolle spielen. So muss er anfangs stundenlang Sätze nachsprechen, in denen der betroffene Laut gehäuft vorkommt. Aber abgesehen von der fachlichen Ungenauigkeit wird sehr erheiternd beschrieben. wie unangenehm er die Übungen findet und dass er die sprachtherapeutischen Versuche sowieso unnötig findet, da er es inzwischen zu einer wahren Meisterschaft bringt, Wörter, in denen der kritische Laut vorkommt zu vermeiden. Dazu hat er sich ein Lexikon der sinn- und sachverwandten Wörter beschafft. Während die Sprachtherpeutin wenig begeistert darauf reagiert und sie immer ehrgeiziger und verzweifelter (aber auch zunehmend erfolgloser) versucht, dass sie ihm doch noch einmal ein Wort mit dem zu übenden Laut zu entlocken versucht, sind die Lehrer an seiner Schule absolut entzückt über sein differenziertes Vokabular und über seine Redegewandheit.

Fazit: Strategien im Umgang mit Defiziten bergen die Möglichkeit, dass sich andere Bereiche schärfen

 

 

Veröffentlicht von Norbert Frantzen

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