Besuche bei der Aphasie-Selbsthilfegruppe – eine Reise ins Ungewisse Teil 1
Bereits im August 2011 wurde in einem Artikel anlässlich des Jubiläums der Aphasieselbsthilfegruppe „Schlagkraft“ auf die Wichtigkeit der Zusammenarbeit von Logopäden und Betroffenen hingewiesen. Nun berichten SchülerInnen des zehnten Ausbildungskurses der Logopädieschule Kiel über Ihre Erfahrungen bei den Besuchen der Selbsthilfegruppentreffen, bei denen sie mit den Anwesenden auch Gruppentherapien durchführten, was oft einer „Fahrt ins Ungewisse“ ähnelte.
Es beginnt Kristin Pötter, Kiel.
• Was hat Dich dazu bewogen, zur Selbsthilfegruppe zu gehen und eine Gruppentherapie dort durchzuführen? Ich hatte schon einige Gruppentherapie in der Schule gesehen und war neugierig wie es sein wird, so etwas selbst durchzuführen. Ich fand es spannend, dass die Angehörigen dabei sind und die Anzahl der Teilnehmer variiert.
• Wie war es für Dich, dort zum ersten Mal zu sein und mit den Betroffenen umzugehen? Ich war schon etwas aufgeregt, da ich hoffte, dass die Übungen auch so klappen wie ich es mir vorstelle. Ich habe mich sehr gefreut als mich alle sehr freundlich begrüßten und mir Kuchen und Getränke anboten.
• Was ist das Besondere an dieser Gruppenkonstellation? Das Besondere ist, dass einerseits die Angehörigem mitkommen aber andererseits bei den Sprachübungen nicht dabei sind. Das heißt, die Gruppe trifft sich zunächst gemeinsam und wird dann um 18.30 Uhr von uns getrennt. So haben die Angehörigen zusätzlich Zeit sich auf zuteilen. Die betroffenen Männer und Frauen weisen verschiedene Formen einer Aphasie auf und sind unterschiedlich stark betroffen.
• Was hast Du dabei für Dich mitgenommen? Ich habe dabei gemerkt, was eine Gruppe bewirken kann. Wie viel Zusammenhalt und Gemeinschaft aber auch der Austausch über Probleme die Motivation stärken und strahlende Gesichter hervorbringen kann. Es sind Freundschaften daraus entstanden. Die Familien der Betroffenen sind durch diese Erkrankung entweder noch dichter herangerückt und sich haben sich voneinander entfernt. Die Angehörigen müssen auch viel aufgeben und sich Freiräume schaffen.
• Inwiefern besteht ein Unterschied zu einer Einzeltherapie? Innerhalb einer Einzeltherapie kann ich mich vollkommen auf einen Patienten konzentrieren und die Übungen sowie Hilfestellungen an seinen Schweregrad anpassen. Innerhalb einer Gruppentherapie muss ich mich auf viele Patienten konzentrieren und die Hilfestellungen flexibel auswählen und auf meine Intuition vertrauen.
• Wie hast Du dich beim Durchführen der Übungen in der Gruppe gefühlt? Ich habe mich wohl gefühlt, da die Betroffenen mir signalisiert haben, wenn sie die Übungen verstanden haben. Die Betroffenen hatten sehr viel Spaß mit der Sprache zu spielen. Sie haben sich gegenseitig unterstützt und motiviert. Ich fühlte mich wie der Anstupser eines Balls, der dann selbst davon rollte.
• Was ist bei der Vorbereitung zu berücksichtigen? Bei der Vorbereitung ist es wichtig daran zu denken, dass alle Schweregrade vorhanden sind. Die einzelnen sollte weder unter- noch überfordert werden. Zusätzlich muss das Material groß genug sein, damit es alle sehen können. Die Teilnehmerzahl muss kurzfristig veränderbar sein, da wir es zu Beginn wissen, wer denn alles da ist.
• Hast Du Dich in deiner therapeutischen Persönlichkeit weiterentwickelt? Ich habe sehr viele Erfahrungen gemacht wie mit Aphasikern umzugehen ist. Ich habe gelernt flexibel zu sein und spontan Hilfestellungen zu geben.
• Würdest Du in der Zukunft eine Gruppentherapie mit Aphasikern durchführen? Warum/Warum nicht? Ja, ich hoffe, dass ich in der Zukunft auch innerhalb einer Gruppe mit Aphasikern arbeiten kann, da es mir sehr viel Freude gemacht hat, und ich gemerkt habe, dass die Betroffenen aufblühen und ihre Kommunikation trainieren können. Sie können sich über ihre Probleme austauschen und sich gegenseitig motivieren und stärken.
• Was Du noch sagen wolltest: Selbst der längste Weg beginnt mit einem ersten kleinen Schritt.
Sehr schönes Interview, das guten Einblick in die Möglichkieten der Gruppentherapie gibt.